Fliesen und Platten sprach am Rande der Cersaie mit dem Präsidenten der Romani-Gruppe Giorgio Romani über den Verlauf des Keramiksalons und die Entwicklung der Kosten.
Die Gruppe – deren Leitung sich Giorgio Romani mit seinem Bruder Paolo als Geschäftsführer teilt – umfasst die auch in Deutschland bekannten Marken Serenissima, Cercom, CIR und Cersarda. Der Hersteller hat im Frühjahr ein umfangreiches Investitionsprogramm abgeschlossen.
Fliesen und Platten: Wie beurteilen Sie den Besuch und den Verlauf dieser Cersaie?
Giorgio Romani: Ich sehe den Besuch und den Verlauf dieser Cersaie sehr positiv. Es gibt zahlreiche Besucher auch aus Ländern, die im vergangenen Jahr gefehlt haben, wie zum Beispiel aus Deutschland, den USA und dem Fernen Osten.
Fliesen und Platten: Wie hat sich der Fliesenabsatz in den vergangenen Monaten entwickelt?
Giorgio Romani: Die gute Nachfrage aus dem Jahr 2021 hat sich bis in die ersten sechs Monate dieses Jahres und darüber hinaus fortgesetzt. Die positiven Ergebnisse betrafen so gut wie alle Märkte. Ich rechne jedoch für das kommende Jahr 2023 mit einem leichten Rückgang: Wenn man auf einem so hohen Niveau angekommen ist, werden Rückgänge praktisch unausweichlich.
Fliesen und Platten: Welche Entwicklung erwarten Sie bei den Gaspreisen?
Giorgio Romani: Hier ist es sehr schwierig, Voraussagen zu machen. Die Preise bewegen sich seit Monaten, bedingt durch die vom Krieg ausgelösten geopolitischen Verwerfungen, auf einem sehr hohen Niveau, das Ende August in den Spitzen zeitweise auf schockierende 350 Euro pro Megawattstunde anstieg. Seitdem hat sich die Preissituation etwas entspannt, verharrt jedoch weiterhin auf einem Level, der 10 bis 12 Mal höher ausfällt, als noch zu Beginn des Jahres 2021.
Als Maßnahme für die kommenden Monate und darüber hinaus haben wir entschieden, unser Unternehmen vor sehr großen Preisschwankungen wenigstens teilweise abzusichern – wenn möglich –, und hier teilweise auch mit Hilfe von Finanzderivaten: Ich würde sagen, dass auch andere italienische Hersteller – vielleicht bis zu 80 Prozent von diesen – ähnliche Optionen ergriffen haben. Ich möchte aber wiederholen, dass diese Maßnahmen leider nur teilweise eine Absicherung leisten können.
Fliesen und Platten: Wie geht Italiens Fliesenindustrie aus den krisenhaften Ereignissen der vergangenen Monate und der Pandemie hervor?
Giorgio Romani: Wir haben in den Jahren der Pandemie unsere Umsätze nicht nur halten, sondern sogar verbessern können. Auch die Investitionen, die im Zeitraum vor der Pandemie ein sehr hohes Niveau erreichten, haben im Jahr 2020 nur leichte Rückgänge erlitten – auch weil die Techniker während des Lockdowns nicht reisen konnten.
Aus meiner Sicht ist es uns gelungen, während der beiden Jahrhundertkrisen Covid und Ukrainekrieg in unseren Unternehmen und unseren Sortimenten ein hohes Maß an Kontinuität sicherzustellen.
Fliesen und Platten: Sehen Sie bei einer Fortdauer und weiterer Verschärfung der Gas- und Energiepreise eine Gefahr, dass europäische Unternehmen und Branchen wie zum Beispiel Sassuolo, dauerhaft und vielleicht sogar bis zur Deindustrialisierung oder Off-Shoring Schaden nehmen könnten?
Giorgio Romani: Es besteht sicherlich das Risiko, dass es bei ein paar, weniger kapitalisierten und technisch weniger organisierten Unternehmen einen Verkleinerungsdruck geben könnte. Bezüglich unserer Unternehmensgruppe würde ich sagen, dass wir einen großen Teil der möglichen Gegenmaßnahmen eingeleitet haben, so dass wir uns, ausgenommen den Fall einer außerordentlichen Verschlechterung der allgemeinen Rahmenbedingungen, die die gesamte Branche ergreift, eigentlich ziemlich gelassen fühlen.
Bezüglich des Problems des „Off-Shorings“ denke ich, dass eine Delokalisierung in Europa wenig Sinn hätte, weil die Kosten zwar unterschiedlich, aber doch weitgehend angeglichen sind: Der Ferne Osten ist auch nicht mehr so attraktiv, wie er am Ende der 90er noch war. Allerdings würde ich eine Eröffnung oder Ausbau der Produktion in Nordamerika als möglich ansehen; sowohl wegen der Bedeutung dieses Marktes als auch wegen der mittlerweile astronomischen Transportkosten.
Fliesen und Platten: Herr Dr. Romani, vielen Dank für dieses Gespräch.