Fast 40 Prozent weniger Aufträge hat es im Februar im Wohnungsbau gegeben: Die Verbände sind besorgt und fordern Unterstützung von der Politik.
„Wir halten das politische Ziel, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu errichten, für richtig", erklärt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB). Laut Statistischem Bundesamt seien 2022 1,4 Millionen Personen nach Deutschland zugewandert, die Bevölkerungszahlen seien so hoch wie nie zuvor. Die Nachfrage zeige aber eine konträre Entwicklung. „Diese länger politisch zu ignorieren, gefährdet den erfolgreichen Kapazitätsaufbau der letzten Jahre.“ Die Ausbildungszahlen in der Bauwirtschaft sind seit sechs Jahren zum ersten Mal wieder rückläufig, so der ZDB: Im Bauhandwerk gibt es 11,3 Prozent weniger Auszubildende im ersten Lehrjahr als im Vorjahr. „Wenn wir diesen Negativtrend stoppen wollen – und das müssen wir – brauchen wir jetzt sofort Investitionsimpulse. Sonst verlieren wir die Fachkräfte, die wir für den steigenden Wohnungsbedarf so dringend brauchen!“, sagt Pakleppa.
Die Alarmglocken am Ausbildungsmarkt läuten schon Sturm.
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe
Die bisherigen Maßnahmen der Regierung zur Förderpolitik zeigten offensichtlich keine Wirkung. Die Förderbedingungen seien zu kompliziert und verteuerten das Bauen enorm. Bauwillige verlören den Mut, stornierten die Aufträge. „Wir brauchen daher schnellstens klare und einfache Förderbedingungen“, erklärt Pakleppa. Er schlägt vor, sowohl beim Mietwohnungsbau als auch sozialen Wohnungsbau eine Förderung temporär ohne EH-40-Standard zu ermöglichen. Eine zusätzliche Senkung der Grunderwerbssteuer würde Bauwilligen ebenso etwas Planbarkeit bieten wie eine Ausweitung der Sonderabschreibungen im sozialen Wohnungsneubau auf zehn Prozent. „Und wir brauchen eine dauerhaft auskömmliche Förderung, vom Einfamilienhausbau bis zum sozialen Wohnungsbau. Und zwar: über eine Legislaturperiode hinaus", so Pakleppa abschließend.
Zahlen aus dem Baugewerbe
Aufträge in Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten, Bauhauptgewerbe:
- Auftragsvolumen rund 14 Milliarden Euro
- nominaler Rückgang: 4,4 Prozent
- realer Rückgang: 17,6 Prozent
Aufträge im Wohnungsbau:
- nominaler Rückgang: 25 Prozent
- realer Rückgang: 35 Prozent
Umsatz im Bauhauptgewerbe:
- 11,8 Milliarden Euro
- nominaler Zuwachs: 6,5 Prozent
- realer Verlust: 8 Prozent
Die Preise für Bauleistungen stiegen per Februar 2023 gegenüber dem Vorjahr um rund 16 Prozent. Preistreiber sind vor allen Dingen die energieintensiven Baumaterialien. So stiegen die Preise für Erzeugnisse aus Zement, Kalk und Gips per Februar um 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Quelle: Daten des Statistischen Bundesamtes zur Konjunkturentwicklung im Bauhauptgewerbe im Februar 2023
„Absturz“ im Wohnungsbau
Auch auf dem Wohnungsbau-Tag in Berlin gab es kritische Stimmen: Dort stellte das Wohnungs- und Bauforschungs-Institut ARGE seine aktuelle Studie vor. „Wenn jetzt nichts passiert, dann gibt es beim Wohnungsbau keine Talfahrt, dann erleben wir beim Neubau von Wohnungen einen regelrechten Absturz“, so Studienleiter Prof. Dietmar Walberg. Die Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienwirtschaft, die sich im „Verbändebündnis Wohnungsbau“ zusammengeschlossen haben und den Wohnungsbau-Tag veranstalten, richteten eine klare Forderung an Bund und Länder: Der Staat müsse seine Fördergelder für den Wohnungsbau „massiv aufstocken“. Für den sozialen Wohnungsbau seien bis 2025 mindestens 50 Milliarden Euro an Fördermitteln notwendig, um 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu zu bauen. Zusätzlich schlugen das Bündnis 22 Milliarden Euro Förderung für bezahlbaren Wohnungsbau vor.