Symbolgrafik die einen Mensch am Schreibtisch zeigt. Um seinen Kopf sind Datenblätter, Grafiken, eine Stadtsilhouette zu sehen
Softwarelösungen für eine digitale, mobile Zeiterfassung verbinden das Büro mit der Baustelle. (Quelle: Pixabay | Gerd Altmann)

Betrieb

31. January 2023 | Teilen auf:

Vom Papier zur App

Handwerksbetriebe sind verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmenden zu erfassen und zu dokumentieren. Das geschieht allerdings häufig noch analog – also auf Papier – mit großem Aufwand und einer wahren Papierflut. Digitale Zeiterfassung ist dafür die richtige Antwort, doch nur wenige Fliesenbetriebe haben sie bisher eingeführt. F+P stellt die Vorteile einer Einführung digitaler Erfassungssysteme vor.

Die Masse an anfallendem Papier ist bei den meisten Handwerksbetrieben sehr groß. Unzählige Formulare werden ausgefüllt, ausgedruckt und im Büro zusätzlich in Tabellen erfasst für die Lohnabrechnung und das Arbeitszeitkonto. Auch das Steuerbüro gibt alles nochmal in die Lohnbuchhaltungssoftware ein. Außerdem: Je mehr und je öfter Daten in unterschiedliche Systeme übertragen werden müssen, desto mehr wächst die Fehleranfälligkeit, und es ist ungewiss, ob alle geleisteten Stunden auch tatsächlich genau erfasst werden.

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Seit dem 13. September 2022 sind Arbeitgeber nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt (Urteil 1 ABR 22/21) gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die vom Arbeitnehmenden geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Dies kann analog oder digital erfolgen. Auch die Erfassung von Zusatzleistungen oder Materialverbrauch des ausführenden Betriebs für den Auftraggeber ist erforderlich. Heute gibt es weit über 160 Softwarelösungen für eine digitale, mobile Zeiterfassung, die das Büro mit der Baustelle verbindet. Warum wird die Digitalisierung in den Handwerksbetrieben nicht angemessen priorisiert?

Drei Erfolgsfaktoren für eine digitale Zeiterfassung

„Die Unternehmer haben kaum hinreichende Erfahrungen mit spezifischen Softwarelösungen. Es gibt Hunderte von Programmen mit unzähligen Funktionen, aber sie können nicht beurteilen, welches zum Unternehmen ideal passt“, berichtet Michael Heil, Geschäftsführer vom ebusiness-KompetenzZentrum. Der gelernte Maler, Lackierer und Betriebswirt kennt die Nöte der Handwerksbetriebe. Er hat in den letzten zehn Jahren bei ca. 50 Betrieben eine digitale Zeit- und Leistungserfassung eingeführt. Für eine Einführung sieht er drei Erfolgsfaktoren – das „TOM-Konzept“:

1. T = T echnik: „Die Programme, die auf dem Markt angeboten werden, laufen. Aber nur weil die Technologie funktioniert, heißt das noch lange nicht, dass alles auf Anhieb klappt. Im Vorfeld müssen noch etliche Fragen beantwortet und Punkte beachtet werden: Privathandys oder betriebliche Smartphones? Wer erfasst die Arbeitszeiten? Der Vorarbeiter oder jeder Einzelne selbst? Was wird erfasst: Pausen, reine Arbeitszeit oder konkrete Leistungen, Zeiten zum Besorgen von Material? Auch Fragen zum Softwaresystem müssen geklärt werden: Wie funktioniert das System ohne Internetzugang, wie erfasse ich die Zeiten?

2. O = O rganisation: Die Einführung eines neuen Systems erfordert viel Abstimmung zwischen den Mitarbeitenden auf der Baustelle und im Büro. Alle müssen lernen, mit dem neuen Softwaresystem umzugehen. Zudem landen ab jetzt digitale Daten und Informationen in Echtzeit im Büro und müssen zeitnah gesichtet werden. Neue Mitarbeitende im Büro und auf der Baustelle müssen in das System eingewiesen werden. Was ist, wenn ein Gerät defekt ist?

3. M = M ensch: Der größte Erfolgsfaktor ist der Mensch. Die Fliesenbetriebe müssen ihre Mitarbeitenden mitnehmen. „Meist gibt es 20 Prozent Gegner, die sich kontrolliert fühlen oder neuer Technik generell skeptisch gegenüberstehen, 20 Prozent Befürworter, die direkt begeistert sind; die Mehrheit ist unentschieden.“ Wichtig ist vor allem, die Vorarbeitenden und Führungskräfte ins Boot zu holen.

„Erst war ich gar nicht begeistert, nach 25 Jahren im Beruf noch einmal alles neu lernen zu müssen. Dann bin ich aber bei der Suche nach der richtigen Software auf HERO (https://hero-software.de) gestoßen und habe festgestellt, dass die Digitalisierung der Zeiterfassung kein Hexenwerk ist, sondern am Ende sogar einfacher, klarer und günstiger. Heute ärgere ich mich, dass ich mich nicht schon viel früher darum gekümmert habe“, so Stefan Bohlken von Fliesen Bohlken in Oldenburg.

Zudem müssen die Unternehmen voll und ganz hinter dem Projekt stehen. „Nur wenn diese die Einführung einer digitalen Zeiterfassung unterstützen, wird das System funktionieren“. „Es ist nicht wie die Einführung eines neuen Pinsels. Wenn man das Projekt nicht richtig anpackt, kann die Stimmung im Betrieb schnell kippen, und das Projekt scheitert, obwohl die Technologie funktioniert“, so Heil.

Vorteile einer digitalen Zeiterfassung

Eine digitale Zeiterfassung bietet Handwerksbetrieben eine Reihe von Vorteilen:

  • Zeitersparnis: weniger Organisation und Aufwand durch Stundenzettel und Zeiterfassung
  • Übermittlung der Zeiten und Leistungen in Echtzeit und somit ein Echtzeit-Controlling der Baustelle
  • Minimierung von Fehlern und von rechtlichen Risiken
  • spart Nerven
  • ein System für viele Funktionen, Vernetzung der Mitarbeitenden
  • Bei einigen Programmen gibt es Zusatzfunktionen, z.B. Baustellendokumentation mit Videos und Fotos, DSGVO-konformen Chat, digitale Formulare, Materialerfassung über Barcode, Gerätemanagement u.v.m.
Michael Heil, Geschäftsführer vom ebusiness-KompetenzZentrum (Quelle: ebusiness-kompetenzzentrum.de)

Wie finde ich das richtige Programm?

Die Gesetzgebung ist zurzeit der Auslöser, warum sich viele Handwerksbetriebe mit dem Thema beschäftigen. „Warum machen die Betriebe aus der gesetzlichen Pflicht der Arbeitszeiterfassung nicht eine Kür?“, fragt sich Michael Heil. „Wenn alles gut läuft, kann die Umstellung auf eine digitale Zeiterfassung in einem Monat erfolgen.“ Er empfiehlt, einen externen Berater hinzuzuziehen, der die richtigen Programme passend zur Betriebsgröße und Betriebsstruktur, zu den gewünschten Leistungen und der vorhandenen Soft- und Hardware findet.

Die Auswahl fällt schwer – es gibt zahlreiche Softwarelösungen für Handwerksbetriebe. Die digitale Erfassung erleichtert die Auswertung und lässt sich für die Lohnabrechnung verwerten. Die Programme versprechen eine einfache und intuitive Bedienung. Einige Softwareanbieter haben auch Offlinenutzung auf der Baustelle, Anpassung an individuelle Betriebsvereinbarungen und zusätzliche Funktionen wie Lohnverarbeitung oder Fotodokumentation auf der Agenda (https://www.softwareabc24.de/handwerker-software/online).

Das Mittelstand-Digital Zentrum Bau unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen der Bau- und Immobilienbranche bei der digitalen Transformation. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz finanzierte Zentrum bietet kostenlose Leistungen wie Onlinesprechstunden, Workshops, Webinare und Seminare. Zudem gibt es für Handwerksbetriebe auch Fördermittel als nicht rückzahlbare Zuschüsse in Höhe von bis zu 15.000 Euro. Beratungsleistungen werden mit 50 bis 80 Prozent gefördert. „Ich würde erst einmal mit kleinen Schritten anfangen“, empfiehlt Heil, man sollte aber von Beginn an die „große Lösung“ im Blick und vorbereitet haben. „Eine gute Nachricht: Die Unternehmen, die die digitale Zeiterfassung eingeführt haben, möchten diese nicht mehr missen. Denn sie haben sich damit ein wesentlich leichteres Leben geschaffen. Zettelwirtschaft ade!“

Autorin: Martina Noltemeier M.A., Selbstständige Journalistin, PR-Beraterin und Trainerin

Info-Tipps der Redaktion

www.digitalzentrumbau.de

Kontakt: Michael Heil,
eBusiness-KompetenzZentrum,
m.heil@ebz-kl.de, www.ebz-kl.de

www.softwareabc24.de/handwerker-software/online

zuletzt editiert am 23.02.2023