70 Fliesenleger diskutierten auf der Hauptversammlung der Stuttgarter Innung. Die Betriebe suchen händeringend qualifizierten Nachwuchs. Denn die Arbeit auf den Baustellen wird immer anspruchsvoller. (Foto: Fliesenlegerinnung Stuttgart)

Aktuell 2013-12-19T00:00:00Z Innung Stuttgart: Fliesenleger sorgen sich um Fachkräfte und ehren erfolgreiche Betriebe

Seit dem Wegfall der Meisterpflicht bilden immer weniger Betriebe Fliesenleger aus. Die Stuttgarter Innung widersetzt sich dem Trend und fördert die Qualität im Gewerk. Auf der diesjährigen Hauptversammlung in Denkendorf diskutierten 70 Fliesen-Profis. (Foto: Fliesenlegerinnung Stuttgart)

Das Fliesenleger-Gewerk ist im Umbruch. Seit Abschaffung der Meisterpflicht gibt es immer mehr Betriebe – allein im Großraum Stuttgart sind es mehr als 1.800, meldet die dortige Innung. Gleichzeitig bilden immer weniger Firmen aus. Die Ausbildungsquote sank seit 2004 um die Hälfte, die Anzahl der Meisterprüfungen sogar um über 80 Prozent, schreibt die Fliesenlegerinnung Stuttgart.

Betroffen ist auch die Fliesenleger-Innung Stuttgart, deren Mitglieder sich jetzt in Denkendorf zur jährlichen Hauptversammlung trafen. 126 Betriebe sind in der Innung organisiert – fast ausschließlich Meisterbetriebe. Der Wegfall des Meisterzwangs ist der Innung nach wie vor ein Dorn im Auge, heißt es in einer Pressemitteilung. Karl-Hans Körner, Stuttgarter Obermeister und Vorsitzender des Bundesfachverbandes Fliesen & Naturstein, versichert in Denkendorf: „Wir unternehmen weiterhin große Anstrengungen auf Innungs-, Landes- und Bundesebene, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Aber das ist nicht einfach.“

Selbst engagierte Meister-Betriebe in der Region fänden kaum den Nachwuchs, den sie brauchen. Karl-Hans Körner: „Nur über qualifizierte Mitarbeiter können wir die Qualität erhalten, die Bauherren von unserem Gewerk erwarten.“ Und Willi Müller, Vorsitzender des Gesellenprüfungs-Ausschusses für die Innung, ergänzt: „Künftig wird es noch wichtiger, auch schwächere Jugendliche für den Ausbildungsmarkt zu erschließen, um den Fachkräftenachwuchs zu sichern.“

Innung tut viel für die Ausbildung

Bernd Mürdter (Alfdorf, links) ist seit 35 Jahre für die Ausbildung aktiv. Jetzt gab er seine Ämter ab und wurde in Denkendorf von Obermeister Karl-Hans Körner verabschiedet. (Foto: Fliesenlegerinnung Stuttgart)

Die Stuttgarter Innung tut viel für die Ausbildung. Ihren Mitgliedsbetrieben erstattet sie sogar die Prüfungsgebühren. Wie gut die Zusammenarbeit mit der Steinbeisschule in Stuttgart (Berufsfachschule) und der überbetrieblichen praktischen Ausbildung (ÜBA) in Geislingen ist, zeigen die Gastvorträge der Ausbildungspartner: Oberstudiendirektor Herbert Bläsi (Steinbeisschule) und Ausbilder Roland Filkorn (ÜBA, Geislingen) setzen sich ebenfalls mit Nachdruck für die duale Ausbildung in Meisterbetrieb und Berufsfachschule kombiniert mit den überbetrieblichen Praxiseinheiten ein. Obermeister Körner: „Die Kommunikation zwischen der Stuttgarter Innung und den Schulen funktioniert sehr gut und davon profitieren alle.“

Stuttgarter gehören zu den Besten im Land

So schnitten die Stuttgarter Auszubildenden bei der Kenntnisprüfung 2013 erneut besser ab als der Landesdurchschnitt. Aber auch die weniger guten Lehrlinge und „Durchfaller“ behält die Innung im Blick. Willi Müller: „Die Mitglieder des Prüfungsausschusses überlegen genau, welche Leistung draußen am Markt verkaufbar ist und welcher Prüfling noch eine zweite Chance erhalten sollte.“ Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses betont: „Die enge und gute Zusammenarbeit mit den Schulen ist für das Gewerk enorm wichtig.“

Ein halbes Jahrhundert in der Innung

25 bzw. 50 Jahre in der Fliesenleger-Innung Stuttgart (v. l.): Christel und Frank Schober (jun.), Lore und Wilhelm Schober (senior), Fliesenfachgeschäft Schober, Filderstadt-Bernhausen, Theo Schimpf (sen.) und Lothar Schimpf (jun.) Fliesenfachgeschäft Schimpf, Schönaich, sowie Lothar Prinz, Fliesenfachgeschäft aus Leinfelden-Echterdingen. (Foto: Fliesenlegerinnung Stuttgart)

In Denkendorf geehrt wurden die Betriebe, die seit vielen Jahren für Meister- und Innungsqualität stehen. 25 Jahre in der Innung ist die Firma Kurt Lunke aus Stuttgart. Auf 50 Jahre Innungsmitgliedschaft zurück blicken die Firmen Lothar Prinz aus Leinfelden-Echterdingen, Lothar Schimpf aus Schönaich sowie die Firmen Frank Schober und Arnold (beide Filderstadt). Obermeister Körner gratuliert: „Ein Betrieb der seit 50 Jahren am Markt ist, steht auf jeden Fall für eine gute, erfolgreiche Arbeit. Die Inhaber dürfen stolz auf das Geleistete sein.“

Auch der diesjährige Kammersieger kam nach Denkendorf. 2013 war dies Kevin Ziegler, der seine Ausbildung beim Unternehmen Willi Bufe in Asperg (Kreis Ludwigsburg) mit Auszeichnung abgeschlossen hat und beim Landesleistungswettbewerb als drittbester Fliesenleger Baden-Württembergs hervorstach. Verabschiedet wurde Bernd Mürdter (Alfdorf), der für die Stuttgarter Prüfungen und Wettbewerbe seit 35 Jahren u.a. die Aufgaben zeichnete, die die Prüflinge in Fliesen umsetzen müssen.

Technische Neuerungen fordern das Gewerk

Die Qualität ihrer Betriebe versucht die Innung auch 2014 über Weiterbildungen sicherzustellen. Bodengleiche Duschen, großformatige Platten, die Sanierung von Balkonen sind nur einige der Herausforderungen, vor denen Fliesenleger heute stehen. Hinzu kommen Naturstein im Innen– und Außenbereich, anspruchsvolle Mosaike oder riesige Bodenplatten an Wänden. Die Kundenwünsche und Designansprüche an Fliesen und Fugen sind heute andere als früher. Demgegenüber stehen die vielen Nichtfachleute, die auf Baustellen Fliesen und Platten verlegen. Nicht nur die Stuttgarter Innung verzeichnet auch aus diesem Grund vermehrt Schadensfälle im Fliesenbereich.

Diskutieren Sie mit!

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70 Fliesenleger diskutierten auf der Hauptversammlung der Stuttgarter Innung. Die Betriebe suchen händeringend qualifizierten Nachwuchs. Denn die Arbeit auf den Baustellen wird immer anspruchsvoller. (Foto: Fliesenlegerinnung Stuttgart)

Seit zehn Jahren ist der Meisterbrief im Fliesenlegerhandwerk nur noch eine freiwillige Zusatzqualifikation. Um einen Betrieb eröffnen und führen zu können, wird er seit der Handwerksreform von 2004 nicht mehr vorausgesetzt.

Was meinen Sie: Hat die Novelle der Handwerksordnung dem Fliesen-Gewerk geschadet? Kann eine Rückkehr zur Meisterpflicht für mehr Qualität und einen besseren Ruf der Branche sorgen? Ist eine Revision der politischen Entscheidung überhaupt möglich? Welche Alternativen gibt es?

Besprochen werden diese Fragen auch beim FLIESEN & PLATTEN-FORUM 2014 in Köln. Dazu werden wir einige Anregungen und Aussagen aus unserem Online-Forum nutzen und zur Diskussion stellen.

zuletzt editiert am 12. Juni 2025