Fehlende Aufträge führen zu sinkenden Beschäftigungszahlen – und das in einer Situation, in der neuer Wohnraum gebraucht wird. Die Verbände fordern daher Investitionsanreize aus der Politik.
„Seit über einem Jahr sehen wir Monat für Monat markant sinkende Baugenehmigungszahlen und Auftragseingänge. Im ersten Halbjahr fehlen uns zum Vorjahr Baugenehmigungen für fast 51.000 Wohnungen“, sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB). Das ist ein Rückgang um 27 Prozent. Bei den Auftragseingängen fehlen real rund 29 Prozent zum Vorjahr. Die Baugenehmigungszahlen für Ein- und Zweifamilienhäuser brechen sogar um über 40 Prozent ein, bei den Mehrfamilienhäusern kommen nur noch knapp 70 Prozent der Genehmigungen rein. „Diese Entwicklung läuft den Erfordernissen des Wohnungsmarktes diametral entgegen. Wir brauchen mehr und nicht weniger Wohnungsbau. Die Bundesregierung hat sich aus gutem Grund 400.000 Wohnungen pro Jahr ins Pflichtenheft geschrieben. Diese Wohnungen bereitzustellen, ist auch eine Frage des sozialen Friedens in Deutschland,“ so Pakleppa.
Wir brauchen dringend Wachstums-Chancen-Impulse für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des ZDB
„Fachkräfte werden abwandern“
Auch die Bundesvereinigung Bauwirtschaft sieht in der aktuellen Lage Risikopotenzial: „Die Situation am Wohnungsmarkt ist festgefahren und gefährlich paradox. Wir haben einen hohen Baubedarf, insbesondere im Wohnungsbau, aber seit über einem Jahr befindet sich die Nachfrage im starken Sinkflug. Der giftige Cocktail aus Inflation, hohen Zinsen, gekappten Förderungen und immer schärferen energetischen Anforderungen hat bei Häuslebauern, aber auch bei Investoren einen marktschädigenden Attentismus ausgelöst. Projekte werden gar nicht erst begonnen oder nicht mehr umgesetzt. Ohne eine sofortige Kursumkehr werden zu wenig Wohnungen gebaut, es wird zu sozialen Verwerfungen auf den Wohnungsmärkten kommen und die für die Bauaufgaben benötigten Fachkräfte werden in andere Branchen abwandern“, erklärt Vorsitzender Marcus Nachbauer.
Kapazitäten nutzen
Mit Blick auf diese Entwicklung fordert Pakleppa sofortige Investitionsanreize: „Die Plan-, Bau- und Immobilienwirtschaft hat mit fast 20 Prozent einen bedeutenden Anteil an der Bruttowertschöpfung in Deutschland. Nur mit schnell wirkenden Investitionsanreizen werden wir verhindern, dass sich der Nachfragerückgang auf die Beschäftigung durchschlägt. Wir haben in den letzten zehn Jahren im Angesicht der Baubedarfe im Wohnungsbau, bei der Infrastruktur, bei der Klima- und Energiewende 200.000 Arbeitsplätze geschaffen. Die Bauunternehmen brauchen jetzt die Aufträge für die geschaffenen Kapazitäten.“
Vorschläge zur Förderung
Konkret stellen sich die Verbände eine Aufstockung der Förderung im klimafreundlichen Neubau vor, auch die vom Bauministerium vorgeschlagene Sonder-Afa ohne Bindung an den EH 40-Standard sei im Mietwohnungsbau ein Ansatz. Bei der Wohneigentumsförderung für Familien sollte die Kopplung entfallen und Zuschüsse und Zinsstützung gewährt werden. Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer müssten schnellstmöglich eingeräumt werden. Für den sozialen Wohnungsbau sollen die Mittel von Bund und Ländern so aufgestockt werden, dass der Bau von 100.000 Wohnungen pro Jahr auch umgesetzt werden kann.
Nachbauer fordert außerdem Klarheit in den Maßnahmen zur Erreichung der Klimaschutzziele: „Eine regulatorische Hängepartie wie vor der Sommerpause beim ‚Heizungsgesetz‘ (Gebäudeenergiegesetz) können wir uns nicht mehr leisten. Sie führt zu Verunsicherung und Attentismus bei den Investoren, Bauherren und Eigenheimbesitzern."