Das Handwerk in Deutschland wird digital. Laut einer aktuellen Studie von telematik-markt.de nutzen heute 45 Prozent der Handwerksunternehmen Cloud Computing. Inzwischen gibt es für Handwerksbetriebe eine Vielzahl von unterschiedlichen Cloud-Softwareangeboten, die wir hier vorstellen möchten.
Die meisten Handwerksbetriebe verfügen über ein branchenspezifisches ERP („Enterprise Resource Planning“), um den kaufmännisch-administrativen Bereich abzudecken. Denn der Gesetzgeber fordert eine ordnungsgemäße Buchführung und die Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen. Doch dieses Programm bietet meist nicht alles an, was Handwerksbetriebe benötigen oder sich zur Erleichterung des Arbeitsalltags wünschen. Daher wird immer mehr auf Cloud-Softwarelösungen zurückgegriffen. Sie dienen beispielsweise der Zeiterfassung, dem Erstellen von Angeboten, der Personalverwaltung, der Dokumentation auf der Baustelle und vielem mehr.
Eine Cloud ist ein digitaler Speicherort, in dem Daten verwahrt und mit beliebig vielen Personen geteilt werden können. Diese „Wolke“ ist ein gedankliches Hilfsmittel, um den Aufbau zu verdeutlichen. Die Daten sind auf viele verschiedene Server verteilt. Einige Betriebe haben Sicherheitsbedenken, solche Systeme einzuführen – vor allem hinsichtlich mangelnder Datensicherheit oder auch des Schutzes vor versehentlichem Löschen. Ein stationärer Rechner mit einem schwachen Passwort kann aber deutlich leichter gehackt werden als professionelle Cloud-Server. Es kann zu kompletten Datenverlusten kommen, während es bei der Cloud ein Backup gibt.

Überall – auf jedem Gerät
Der Vorteil einer Cloud-Software ist, dass man auf jedem internetfähigen Endgerät – Smartphone, Laptop, PC – auf die Daten zugreifen kann, ganz egal, wo man gerade ist: im Büro, im Homeoffice oder auf der Baustelle. Die Daten werden auf allen Geräten automatisch synchronisiert. Die Cloud-Software ist meist leicht zu bedienen, selbsterklärend aufgebaut und ermöglicht eine einfache Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden an verschiedenen Standorten. Die Software wird in der Regel als Lizenzmodell mit monatlichen Beiträgen verkauft. Es sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Software GoBD-konform (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff) ist.
Eine Cloud-Software für Handwerksbetriebe gibt es für viele Funktionen:
- Arbeitszeiterfassung
- Aufsetzen und Verwalten von Angeboten, evtl. kann vor Ort digital unterschrieben werden
- Rechnungen erstellen
- Materialverwaltung
- Projektmanagement und -planung
- Kundenkontakte und -aufträge
- Personalmanagement: Unterstützung bei der Verwaltung von Mitarbeitenden und ihren Zeitplänen
- Dokumentenmanagement
Angeboten werden sowohl umfangreiche Komplettlösungen als auch Handwerkersoftware für einzelne Funktionen. Einige haben Schnittstellen zu Microsoft, SAP, lexoffice, DATEV und lassen sich mit dem ERP-System verbinden. Viele Programmanbieter bieten Beratungen und Testversionen sowie Unterstützung und Schulungen an, um die Einführung und Nutzung von Cloud-Software zu erleichtern.
Von all in one bis zur Baustellendoku
„OpenHandwerk“ ist eine umfassende, webbasierte SaaS-Lösung (Software as a Service) für Handwerksbetriebe, Bauunternehmen und Servicegesellschaften. Die Plattform deckt die gesamten Arbeitsprozesse ab, vom Auftragseingang über die Auftragsabwicklung bis hin zu Rechnungsstellung, Lagerverwaltung sowie Baustellendokumentation. Mit einer App können Workflows im Büro, auf der Baustelle oder in der Instandhaltung verwaltet werden. „HERO“ wickelt ganzheitliche Projekte ab, vom Erstkontakt über die Umsetzung bis zum Zahlungseingang – inklusive Dokumentenmanagement. Es gibt zudem eine App für unterwegs. Mit der App „Craftboxx“ können Aufträge im Büro am Computer angelegt werden, Material und Mitarbeitende werden zugeordnet, Montagescheine gesammelt. Die Mitarbeitenden können von unterwegs in Echtzeit über die App alle Daten abrufen und behalten so den Überblick.

„Craftnote“ liefert eine digitale Baudokumentation für alle Mitarbeitenden mit digitaler Baumappe, Zeiterfassung, Plantafel, Aufgabenlisten und Chatfunktion. „Plancraft“ erstellt Rechnungen und Angebote in wenigen Klicks und hat eine integrierte Zeiterfassung. „ToolTime“ hilft bei der Terminplanung, dem Aufsetzen und Verwalten von Angeboten und Rechnungen, der Dokumentation von Aufträgen und der Arbeitszeiterfassung. „Planday“ dient dem unkomplizierten Personalmanagement mit Dienstplanerstellung, Personalverwaltung und Kommunikation. Weiterhin gibt es spezielle Programme zur Zeiterfassung wie das neue modulare Programm „Zeiterfassung 2022“ von Weise Software, Programme zur mobilen Zeiterfassung wie Crewmeister oder zur Erfassung von Arbeitszeiten auf der Baustelle wie „123erfasst“.
Welche Lösungen sind für den Betrieb die richtigen?
Die Nutzung von Cloud-Software ist sicher für viele, aber noch lange nicht für jeden Betrieb die beste Lösung, denn es kommt auf die individuellen Anforderungen und Bedürfnisse des Betriebs an. Das bestätigt Michael Heil vom eBusiness-KompetenzZentrum für das Bau- und Ausbauhandwerk. „Wenn es zu viele Insellösungen mit einzelnen Programmen gibt, steigen der Aufwand für die Pflege (wegen fehlender Schnittstellen), die Kosten und leider auch die Fehleranfälligkeit.“ Der gelernte Maler, Lackierer und Betriebswirt empfiehlt, die bestehenden Systeme zu checken und sie bei Bedarf individuell vom Softwarehaus oder von praxiserfahrenen Beratern konfigurieren zu lassen. Zeiterfassung, Projektplanung und andere Funktionen sind durchaus bereits in die Standardprogramme, die ohnehin in den Handwerksbetrieben vorhanden sind (z. B. Microsoft 365, das Business-Tool Google Workspace, OpenOffice) integriert. Das Mittelstand-Digital Zentrum Bau www.digitalzentrumbau.de unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen der Bau- und Immobilienbranche bei der digitalen Transformation. Bundes- und Landesfördermittel gibt es für Beschaffungs- und Beratungsleistungen mit 50 bis 80 Prozent.
Durch die Nutzung einer Cloud-Software können Handwerksbetriebe ihre Geschäftsprozesse optimieren und damit Zeit und Kosten sparen. Timm Brinker von Timms Fliesen GmbH sagt über die Software openHandwerk: „Das Programm bietet mir ortsunabhängig den Zugriff auf mein digitales Büro. Somit kann ich bei Anrufen von Kunden jederzeit Einblick nehmen und entsprechende Fragen beantworten, zum Beispiel zu Angebotsdetails. Viele Vorgänge lassen sich automatisieren, etwa die DATEV-Datenübertragung, was zu einer großen Zeitersparnis führt.“
Cloud-Dienste: Tipps der Redaktion
- Welche Funktionen braucht mein Betrieb?
- Ist das Programm GoBD-konform?
- Kann ich meine bestehenden Programme wie Microsoft 365, Google Workspace oder OpenOffice verstärkt nutzen? Welche Schnittstellen gibt es?
- Welches Budget habe ich monatlich zur Verfügung?
- Kann ich eine Förderung für die Beratung beantragen?
Autorin: Martina Noltemeier M.A., Selbstständige Journalistin, PR-Beraterin und Trainerin